Teamplayer unter sich

Fotos: Kathleen Friedrich

Zuerst die Frage: Wer hat wen angesprochen? Lisa Rühl: „Er mich. An der uni, vor dem Leichtatletik-Kurs. Ich habe gleich durchschaut, dass es eine Alibi-Frage war, um mit mir ins Gespräch zu kommen“, erzählt sie lachend mit einem verschmitzten Zwinkern. Jedenfalls hat es funktioniert. Acht Monate danach zogen die Volleyballerin Lisa Rühl und der Wasserballer Hannes Schulz zusammen.

Hannes hatte Lisa gefragt, wohin sich denn seine damals achtjährige Schwester wenden könne, wenn sie Volleyball spielen möchte. Aufgefallen war der Modell-Athlet der 1,78 Meter großen blonden Lisa längst, „weil er immer zu spät kam und manchmal ganz schön fertig aussah“, erinnert sie sich. „Kein Wunder, denn ich war ja auch schon 7.30 Uhr zur ersten Trainingseinheit in Spandau ins Wasser gesprungen“, erklärt Hannes Schulz nachträglich. Zu den ersten Kennenlern- Ritualen gehörte das Eintauchen in die Sportwelt des anderen: „Ich war bis dahin noch nie beim Wasserball“ und „ich noch nie beim Frauenvolleyball“."

Beide kommen aus sportbegeisterten Familien. Während Lisa schon von Kindesbeinen an Volleyball spielte, hatte Hannes vom Leistungsschwimmen genug und wollte beim Wasserball einfach nur abtrainieren. Die Mannschaftssportart hatte für den Einzelkämpfer ihre eigene Dynamik, und statt weniger Zeit im Wasser vollbrachte der heutige Centerverteidiger mit der Kappennummer 11 vom OSC Potsdam auf einmal weitaus mehr Trainingseinheiten im Schwimmbecken. Der Sport bestimmt den Lebensrhythmus des Paares. Beide trainieren täglich mehrere Stunden und stricken zwischen Kraftraum, Halle und Schwimmbecken ihr Studium. An den Wochenenden sind Wettkämpfe, im Volleyball werden englische Wochen gespielt, was bedeutet, dass auch mittwochs Spiele stattfinden. Lisa erzählt, dass manch frühere Beziehung in die Brüche ging, weil der Sport nicht vom Platz Nr. 1 in ihrem Leben zu vertreiben war. „Mit Hannes war das von Beginn an anders. Er respektiert das nicht nur, sondern wir bestärken uns, wenn’s mal nicht so läuft, ganz gleich ob im Sport, im Studium oder privat.“ Hannes nickt. Was er an Lisa liebt? „Ihre Offenheit und Menschlichkeit. Die Geborgenheit, die sie mir gibt.“ So ein Satz braucht eine kurze Pause. „Er ist schon ein Gentleman“, kommentiert die 27-Jährige mit einem Lächeln.

Lisa Rühl wurde in einem kleinen Ort bei Dessau geboren und kam über Berlin, Heidelberg und Hamburg 2010 nach Potsdam, wo sie beim SC Potsdam ihr sportliches Zuhause fand. Seit einem Jahr ist die dienstälteste Spielerin Kapitänin des jungen, hoch motivierten Teams, das gerade seine beste Bundesliga-Saison in der Vereinsgeschichte spielt. „Die Mama“, meint Hannes mit einem verschmitzten Lachen, und Lisa kontert: „Dein Glück, dass du nicht Oma gesagt hast.“ Die Pläne der Potsdamer Volleyballerinnen sind ehrgeizig: „Natürlich wollen wir in die Playoffs kommen und ein Medaillenplatz ist unser Ziel. Die Voraussetzungen dafür sind gut. Der Trainerwechsel brachte neue Impulse und die Mannschaft ist wirklich ein Team, in dem wir uns gegenseitig pushen“, so Lisa Rühl, die lebhaft von der Kulisse in der MBS-Arena am Luftschiffhafen berichtet, wenn 2.000 begeisterte Fans die Mannschaft zu Höchstleistungen beflügeln. „Lisa ist nun mal die erfahrenste Spielerin des Teams. Sie ist sehr sozial und hat ein ausgeprägtes pädagogisches Geschick“, lobt Hannes Schulz, der in seinem Sport ebenfalls zu den Stützen des jungen Wasserballer- Teams des Olympischen Sportclubs Potsdam (OSC) gehört. Im Jahr 2014 wechselte der angehende Lehrer für Sport und Geographie von den Wasserfreunden Spandau zum Potsdamer Club, der 2016 im Europapokal spielte.

Wenn alles wie geplant läuft, wird Hannes Schulz in einem Jahr ins Berufsleben starten. Lisa Rühl möchte ihr Grundschulpädagogik- Studium in zwei Jahren abschließen. Bleibt zwischen Leistungssport und Studium eigentlich noch Zeit für das ganz Private? „Natürlich“, antwortet der geborene Potsdamer prompt. „Wir erleben unsere gemeinsame Zeit sehr intensiv und haben einen großen Freundeskreis. Viel Zeit verbringen wir mit der Familie.“ Zu der gehört auch Opa Günter, der mit Akribie alle Medienveröffentlichungen über Lisa und Hannes in einem Album sammelt. „Inzwischen warten wir zu Weihnachten auf dieses Geschenk“, verrät Lisa, „und manchmal stelle ich mir dann vor, wie ich das später anschaue.“ Was vom Sport bleibt? „Teamfähigkeit, Verantwortungsbewusstsein und ein effektives Zeitmanagement. Im Leistungssport lernt man, dass Kritik nicht umhauen darf und es nach Niederlagen weitergeht“, so Lisa, und Hannes ergänzt: „Nicht zu vergessen ist das körperliche Wohlbefinden. Wir werden ganz bestimmt unser ganzes Leben lang Sport treiben.“ Vermissen sie nichts? „Doch, den Skiurlaub, der ist zeitlich nicht drin“, bekennt Hannes. Dafür freut sich das Paar schon jetzt auf die wenigen trainings- und spielfreien Wochen im Sommer, die es in diesem Jahr in Amerika verbringen möchte. Gerade wird geplant: Wasser, Natur und Sightseeing sind gesetzte Größen. Die allgegenwärtige Nähe von grüner Natur und Wasser schätzt das Paar gerade auch in Potsdam. „Manchmal ist es ein bisschen wie auf dem Dorf: Man kennt und hilft sich“, so Lisa. „Es ist eine junge Stadt, die einfach alles hat, was für uns Lebensqualität ausmacht“, bekennt Hannes. „Wir ziehen hier nicht mehr weg.“