Pflege – Gewusst wo, wie und was?

Foto: AOK

2,6 Millionen Pflegebedürftige leben in Deutschland. Seit dem 1. Januar 2015 gelten für sie, ihre Angehörigen und die Einrichtungen der Pflegedienste wichtige Änderungen. Nach dem „Gesetz zur Weiterentwicklung der Finanzstruktur und der Qualität in der gesetzlichen Krankenversicherung“, kurz GKV-FQWG, gibt es mehr Leistungen für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen, die Zahl der zusätzlichen Betreuungskräfte in stationären Pflegeeinrichtungen wurde erhöht und ein Pflegevorsorgefonds eingerichtet. Die neuen gesetzlichen Regelungen verbessern die Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf und berücksichtigen mehr als bisher die Individualität jeder Pflegesituation.

Doch es scheint, als wisse kaum jemand Bescheid, was es mit der Erhöhung der Leistungsbeträge, Pflegeunterstützungsgeld und Familienpflegezeit auf sich hat. Das bestätigt auch Doris Banckow, Pflegedienstleiterin der Johanniter in Potsdam. „Lediglich die AOK hat ihre Mitglieder über die Veränderungen gut informiert. Bei uns kommen deshalb viele Fragen an, die eigentlich in die Kompetenz der Kassen fallen. Und trotzdem: Wir freuen uns über umfangreichere Betreuungsleistungen, mehr Geld für die Pflege und unsere größer gewordenen Möglichkeiten, Betroffenen individuell zu helfen. Endlich hat der Gesetzgeber auch den Zusammenhang zwischen dem körperlichen und geistigen Zustand der Pflegenden Rechnung getragen“, so die Pflegefachfrau. „Nun haben alle Pflegebedürftigen Anspruch auf sogenannte niedrigschwellige Betreuungs- und Entlastungsleistungen in der ambulanten Pflege. Menschen mit Pflegestufe I bis III können diese Leistungen im Umfang von bis zu 104 Euro pro Monat abrechnen. für Demenzkranke gelten Beträge von 104 bzw. 208 Euro pro Monat“, erläutert Doris Banckow. „Wir erleben, wie wichtig die neu eingeführten Entlastungsleistungen sind, die Hilfe im Haushalt oder eine Alltagsbegleitung ermöglichen“, erklärt die Johanniter-Pflegedienstleiterin, die aus ihrer täglichen Arbeit sowohl die Individualität eines jeden einzelnen Pflegefalls als auch die Härte des Berufs der Pflegekräfte und die Probleme des Pflegemanagements kennt. „Es ist eine kompakte gesetzliche Lage, aber wir helfen, wo immer wir können“, berichtet Doris Banckow. 15 Pflegefachkräfte und -helfer arbeiten bei der ambulanten Pflege der Johanniter in Potsdam, die auch eine Tagespflege anbietet. Auf konsequente Information aller Mitglieder über die finanziellen Änderungen und die nun bessere Vereinbarkeit von Pflege und Beruf informierte die AOK – Die Gesundheitskasse ihre Mitglieder vielfältig, sogar eine Website www.aok-pfiff.de wurde eigens geschaffen. „Das neue Pflegestärkungsgesetz ist ein guter Schritt in die richtige Richtung“, urteilt Chris Behrens, Unternehmensbereichsleiter Pflege und Pflegestützpunkte der AOK Nordost – Die Gesundheitskasse. „Um die neuen Ansprüche geltend zu machen, empfehlen wir, sich vertrauensvoll an unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu wenden. Pflege ist sehr individuell und immer von sehr persönlichen Gegebenheiten abhängig.“ Was zeigten die ersten Monate, welche Leistungen werden besonders genutzt? „Das war für uns in der Tat eine spannende Frage. Interessant ist, dass wir hier keine Schwerpunkte nennen können, denn sowohl das Pflegegeld als auch die Pflegesachleistungen werden in Anspruch genommen, es geht also quer durch alle Leistungsarten.“ Und welche Wünsche bleiben offen? „Nun, wir wünschen uns, dass die Versicherten mehr individuelle Gestaltungsmöglichkeiten haben, das heißt, Geldleistungen freier verfügbar wären, beispielsweise, um Nachbarn für bestimmte Tätigkeiten zu vergüten. Hier sind die gesetzlichen Vorgaben (noch) sehr eng“, so der AOK-Experte. Was aber tun, wenn eine Pflegesituation überraschend für alle Betroffenen kommt? Wo finden sie erste Hilfe und guten Rat? „Bei den Pflegstützpunkten, die kassenübergreifend beraten“, empfiehlt Chris Behrens. „Die gibt es in 19 Brandenburger Orten, die Beratung ist kostenlos, die Mitarbeiter werden ständig kassenübergreifend geschult und verfügen über die notwendigen Informationen.“ Die neuen Regelungen betreffen auch die Pflegezeit: Wer berufstätig ist und akut die Pflege eines Angehörigen organisieren muss, kann sich ab Jahresbeginn zehn Tage lang vom Arbeitgeber freistellen lassen – ohne dabei Gehalt einzubüßen. Bislang waren die zehn Tage unbezahlt. Das neue Pflegeunterstützungsgeld wird mit etwa 90 Prozent des Nettolohns von der Pflegeversicherung bezahlt. In jedem Fall empfiehlt es sich für Angehörige oder Pflegebedürftige, vor der Inanspruchnahme Rücksprache mit der Pflegekasse zu halten.

Weiterführende Informationen unter: www.pflegestaerkungsgesetze.de www.aok.de/nordost www.aok-pfiff.de www.johanniter.de www.pflegestuetzpunkte-brandenburg.de www.wege-zur-pflege.de Im Gesundheitsteil unserer nächsten Ausgabe beschäftigen wir uns mit Wohnformen im Alter