Wer einen nahestehenden Menschen verliert, kämpft mit Tausenden Gefühlen. Geht das überhaupt: den Tod begreifen? Und wie reagiert die Umwelt auf Trauernde? Wie Worte finden?
Wenn ein Mensch stirbt, kämpfen Familie und nahe Freunde mit den widersprüchlichsten Gefühlen. „Im ersten Moment bewirkt der Tod eines geliebten Menschen oft eine Art Schockzustand. Das Unfassbare bahnt sich einen Weg: Wir brechen zusammen, schreien, sind sprachlos, saufen uns an einem Abend den Kopf voll, sind wütend, machen uns Vorwürfe („Hätte ich nicht viel mehr …, viel öfter …“) – es gibt kein Richtig, kein Falsch. Alles darf sein, die ganze Bandbreite der Emotionen, denn der Tod eines Angehörigen ist eine Zäsur im Leben, weil es von da an ein ‚Vorher und ein Nachher‘ gibt. Die Zeitrechnung für das eigene Leben verändert sich“, weiß Haco Klöß, Seelsorger in der Jugendstrafanstalt Plötzensee. „Noch viel, viel schlimmer ist das, wenn ein Kind oder ein Jugendlicher stirbt. Meine alte Mutter stand kopfschüttelnd am Grab meines tödlich verunglückten Bruders und fand keine Antwort auf die Frage ‚Warum?‘. Das Wichtigste in einer solchen Extremsituation sind Beziehungen. Nur nicht allein sein. Gemeinsam schweigen, reden oder sich in den Armen liegen. Niemand sollte einsam am Grab des liebsten Menschen stehen“, so Haco Klöß, der 17 Jahre lang Gemeindepfarrer in Nauen war."
„Die Kommunikation macht doch unsere Menschlichkeit aus.“ Wenn die Familie fehlt, Freunde wegbleiben, gibt es fast überall Trauergruppen, professionelle Trauerbegleiter, Bestatter helfen mit Gesprächen seelische Not zu lindern. Eine neue Form sind Gedenkräume im Internet. Therapeuten unterstützen bei komplizierter Trauer. Wer in der Religion zu Hause ist, findet seelsorgerliche Begleitung bei seinem Geistlichen, „wie ein Geländer, an dem ich mich festhalten kann“, versinnbildlicht das Pfarrer Klöß. Und warum tun wir uns so schwer, Trauernden zu begegnen, ganz gleich, ob es Freunde, Kollegen oder Nachbarn sind? „Keiner kann mit dem Tod umgehen, er bringt Unsicherheit mit sich, die oft zu Ängsten führt“, erklärt Haco Klöß. „Der Trauernde ist von der Situation überwältigt, er hat keinen Boden unter den Füßen. Nun begegnen sich diese beiden Arten von Unsicherheit, das ist schwierig. Da ist es doch ganz natürlich, dieser Situation aus dem Weg gehen zu wollen, vor allem, wenn man keine ganz enge Beziehung zum Trauernden hat. Ist es jedoch eine enge, persönliche Bindung, tut es gut, den Menschen fest in die Arme zu nehmen und ihm die Gewissheit zu geben, dass man gerade in dieser Situation für ihn da ist.“ Anwesenheit und Zuwendung bedeuten oft mehr als Worte, die ohnehin schnell versiegen. Kleine Aufmerksamkeiten signalisieren Verbundenheit und spenden Trost: ein Anruf, ein Brief, eine Karte, ein Buch, ein gemeinsamer Gang zum Friedhof, das Anzünden einer Kerze, eine Nachricht mit dem Satz „Ich denke an dich.“ … Und das „herzliche Beileid“ – eine Floskel? „Das gehört zu den Ritualen, die uns in der Begegnung mit dem Tod helfen. Wir brauchen Rituale, die das Sterben und den Tod begleiten, weil wir das sonst gar nicht aushalten“, so der 62-Jährige. In jedem Fall ist das besser als der kümmerliche Versuch, dem Trauernden mit Floskeln („das Leben geht weiter“) oder Ratschläge („gönn dir doch wieder einmal ein Vergnügen“) den Kummer nehmen zu wollen. Trauer hat keine Ziellinie und Betroffene berichten davon, dass die Aufmerksamkeit und die Zuwendung der Freunde und Kollegen unmittelbar nach dem Tod des geliebten Menschen groß waren, aber in der folgenden Leidenszeit eine schnelle Rückkehr in einen funktionierenden Alltag erwartet wurde. Nun fühlt der Trauernde Belastungen zwischen zwei Polen: dem eigenen Schmerz und der Erwartung anderer. Schmerz zu verarbeiten kann schneller gehen oder nur sehr langsam gelingen. Die Zeit ist kein Kriterium, jeder trauert anders.
Eine Sorge weniger
Gerade unmittelbar nach dem Verlust eines geliebten Menschen braucht der Trauernde jemanden, der ihm ganz praktisch beim Erledigen alltäglicher Aufgaben hilft, denn mit einem Todesfall sind viele organisatorische und rechtlich notwendige Schritte verbunden. „Mit unserem Fachwissen und unserer Erfahrung bei nahezu allen anstehenden Aufgaben entlasten wir Trauernde umfassend“, erklärt Thomas Schellhase, der in dritter Generation das älteste Potsdamer Bestattungsinstitut führt. „Unsere Leistungen reichen von der Beratung über die Überführung (auch international) und Organisation der Trauerfeier bis hin zu Behördengängen und Formalitäten.“ Thomas Schellhase verweist darauf, wie wichtig es ist, dass Menschen sich frühzeitig mit dem Thema Tod beschäftigen. Wie möchte ich beerdigt werden? Welche Musik soll erklingen? Wer muss benachrichtigt werden? „Es ist hilfreich, wenn Angehörige die Bestattungswünsche des Verstorbenen kennen und sie deshalb auch berücksichtigen können. Fast alle Bestattungsdetails können vorab festgelegt werden“, so Thomas Schellhase. Er rät in jedem Fall zum Abschluss eines Vorsorgevertrages, der die individuellen Voraussetzungen und Bedürfnisse berücksichtigt. Monatliche Raten auf ein Treuhandkonto sind dabei ebenso möglich wie Einmalbeiträge. „Mitten im Leben über den Tod nachzudenken und daraus auch noch praktisches Handeln zu entwickeln, erfordert Mut, aber wer vorsorgt, entlastet seine Angehörigen“, erklärt Bestatter Schellhase.