Im März verabschiedeten Bundestag und Bundesrat ein neues Bauvertragsrecht. Was ist daran so neu? Wir fragten Rechtsanwalt Martin Vogel, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, von der Streitbörger Speckmann PartGmbB in Potsdam.
Warum eigentlich ein neues Bauvertragsrecht?
Die werkvertraglichen Vorschriften sind schon seit längerer Zeit in die Jahre gekommen. Sie sind mittlerweile im Wesentlichen über 100 Jahre alt. Bekanntlich hat sich das Leben in dieser Zeit massiv geändert, wenn man allein an die technischen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte denkt. Bis jetzt gibt es keine speziellen gesetzlichen Regelungen für Bauverträge. Dieses wird sich nun ab Anfang 2018 ändern. Endlich hat sich die Politik dazu durchgerungen, die Wirklichkeit im Gesetz abzubilden. Bauen ist ein enorm wichtiger Wirtschaftsfaktor. Zugleich müssen die Schwächeren geschützt werden. Gerade der Häuslebauer baut nur einmal in seinem Leben. Fehlentscheidungen können ihn ruinieren. Da ist der Staat gefragt. Und er hat geliefert, auch wenn sich die Fachwelt noch mehr erhofft hat. Aber es ist ein solides Fundament, das ausbaufähig ist, geschaffen worden.
Welche wesentlichen Veränderungen treten damit in Kraft?
Zunächst wird das Verursacherprinzip gestärkt. Derjenige, der den Fehler gemacht hat, muss jetzt auch voll und ganz dafür einstehen. Dieses gilt insbesondere auf der Lieferebene. Wer früher mangelhafte Sachen geliefert hatte, musste oftmals nicht für die Ein- und Ausbaukosten haften. Das muss er nun. Mussten früher spezielle Baufragen auf Basis allgemeiner Regelungen beantwortet werden, gibt nun das neue Gesetz vielfach genaue Vorgaben und Ansprüche. Dieses gilt insbesondere im Verbraucherrecht, also für den Häuslebauer.
So gibt es dort spezielle Regelungen für:
- den Widerruf von abgeschlossenen Verträgen;
- die Pflicht des Unternehmers zu detaillierten Baubeschreibungen und auch zeitlichen Absprachen, damit klar ist, was er in welcher Zeit zu bauen hat;
- die Vorlage von Unterlagen, damit man weiß, was wie wo warum gebaut worden ist;
- das Recht des Bauherrn, notfalls einseitig im Nachhinein Änderungen am Bau anzuordnen, damit das Haus auch so wird, wie er es haben will;
- die Regelung, dass nur dafür Geld fließt, was auch schon gebaut worden ist;
- das Ende der Bauphase mit dem Unternehmer der Wahl, entweder in Form der Abnahme, wenn alles in Ordnung ist, oder auch einer notwendigen Kündigung aus wichtigem Grund.
Die Aufzählung ist natürlich nicht vollständig. Ein so großes Gesetzespaket wie das neue Bauvertragsrecht enthält selbstredend noch viel mehr Neues. Da muss man sich einfach beraten lassen. Erwähnt werden muss aber noch, dass nun erstmals auch Regelungen für den Bauträgervertrag geschaffen worden sind. Gerade auch im hiesigen Raum werden viele Gebäude mit Eigentumswohnungen von Bauträgern errichtet. Da hat sich der Nebel der einschlägigen Vorgaben nun ein wenig, wenn auch noch nicht ausreichend, gelichtet.
Wessen Rechte werden damit vor allem gestärkt?
Profitieren werden von den neuen gesetzlichen Regelungen neben den Verbrauchern vor allem der Handwerker, aber auch die Zunft der Architekten und Ingenieure. Gerade diese sind jetzt oftmals diejenigen, die eigentlich übermäßig viel Verantwortung für das Gelingen eines Baues aufgebrummt bekommen haben, wenn es mal schief gegangen ist. Nun werden sie etwas entlastet.
Und profitieren wird auch der Rechtssuchende. Denn der Gesetzgeber hat erstmals vorgegeben, dass an den höheren Gerichten spezialisierte Richterinnen und Richter mit baurechtlichen Streitigkeiten befasst werden müssen. Endlich ist der sonst allgemein zu verzeichnende Trend der Spezialisierung, der bei Anwälten seit langem gang und gäbe ist, auch dort vorgeschrieben worden.