Zum Schreiben angeregt hat ihn Johannes Tralow. Seine Frau ermutigte ihn immer wieder, sich dieser harten Arbeit zu stellen. Gerade schreibt George Tenner an seinem 23. Buch. Das führt seinen Kommissar Lasse Larsson diesmal ins tschechische Karlsbad. Dabei liest sich die Biografie des in Bernau lebenden Autors wie eine Romanvorlage.
Geboren in einem kleinen Ort bei Dresden, wuchs der Sohn des Malers Helmut Schmidt-Kirstein in einem Künstlerhaushalt in Dresden, Bischofswerda, Berlin und Ahrenshoop an der Ostsee auf. Die Liebe zu dieser Landschaft im Norden spürt der Leser in vielen der Krimis, die an der Küste verortet sind. Angepasst war George Tenner nie, und so geriet er schon während seiner handwerklichen Ausbildung mit den Verhältnissen in der DDR in Konflikt. 1964 verhaftet, verbüßte er eine über einjährige Haftstrafe, die ihn endgültig bestärkte, das Land seiner Kindheit zu verlassen. Kaum entlassen, bereitete er erneut seine Flucht vor, die in einer Oktobernacht des Jahres 1966 gemeinsam mit seiner Frau und einem Freund, den er während der Haft kennengelernt hatte, in einem Schlauchboot von Ahrenshoop über die Ostsee zum Feuerschiff Gedser gelang."
Wenn er darüber spricht, hat der Zuhörer den Eindruck, als sei das gestern erst geschehen: die Angst, die wasserdicht verpackten Dokumente, das Leck im Schlauchboot, das Unwohlsein seiner Frau, der Empfang auf dem dänischen Schiff … Sein Leben danach führte ihn quer durch Deutschland, so nach Aschaffenburg, Frankfurt, Offenbach, Hamburg, Öhningen am Bodensee und immer wieder Berlin. Er arbeitete als freier Journalist und Redakteur für Zeitungsverlage in Deutschland und der Schweiz. Hier liegt die Quelle für zwei Eigenschaften, die alle seine Bücher auszeichnen: Sie greifen brisante Themen der Zeit auf und sind akribisch recherchiert an realen Schauplätzen und mit Hilfe originaler Quellen. Dafür reist der Autor viel und knüpft Kontakte zu Akteuren, die später literarisch verarbeitet handelnde Gestalten in seinen Büchern werden. Tenner arbeitet sich stets tief in die jeweilige Spezifik ein. Das Spektrum der bisherigen 22 Bücher ist breit:
Geldwäsche, Kunstfälschungen, Kriege und ihre Folgen, religiöser Fanatismus, Korruption, politische Verstrickungen, menschliche Abgründe und immer wieder die Machenschaften von Geheimdiensten, die er am eigenen Leib in der DDR und noch nach seiner Flucht erfuhr. Schon sein erster Roman „Der Wüstenwolf“ aus dem Jahr 1982 spielt im Spannungsfeld der Geheimdienste aus Ost und West während des Sechstagekrieges. „Es sind bis auf ein paar wenige Ausnahmen alles politische Bücher“, fasst der 79-Jährige zusammen. „Die haben es schwer auf dem Buchmarkt. Weichgespülte Geschichten sind viel gefragter.“ Doch das hält den Autoren nicht vom Schreiben seiner spannenden Bücher ab. Schließlich warten seine Leserinnen und Leser auf Neues aus der Tennerschen Schreibstube. Doch bevor das Buch über die unfreiwilligen Ermittlungen von Lasse Larsson in Karlsbad erscheint, steht eine weitere Reise in das traditionsreiche böhmische Bad an. Und verabredet ist George Tenner dort auch. Mit wem? Das wird nicht verraten, es ist schließlich ein Krimi.
von Brigitte Menge