Für die Feinschmecker des Landes verlief hinter Bad Saarow bisher eine Grenze. Nun sorgt ein junger Koch dafür, dass dieses kulinarische Niemandsland entdeckt wird: Manuel Bunke in Neuzelle.
In der Märzausgabe des Magazins „Der Feinschmecker“ wurde die „Wilde Klosterküche“ mit zweieinhalb F in den Adelstand erhoben. Nur wenige kochen in Brandenburg auf dem gleichen Level. Verliehen hat die Note Restauranttester Stefan Elfenbein, der auch Chef der Jury „Berliner Meisterköche“ ist. Sein Test-Revier: die ganze USA, New York, Berlin, Mecklenburg- Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Sachsen – und auch Brandenburg."
Warum Brandenburgs Osten? Was hat Sie zu dieser Tour inspiriert?
Die E-Mail von einer Leserin, die die „Wilde Klosterküche“ in Neuzelle lobte. Gut Essen in Brandenburg geht etwa in Burg im Spreewald und auch noch in Bad Saarow. Östlich davon war nix; ein weißer Fleck auf Deutschlands kulinarischer Landkarte. Na ja, die Redaktion war skeptisch, „schmier‘ dir Stullen“, kam als Rat. Losgefahren bin ich natürlich trotzdem, allem wird nachgegangen.
Was hat Sie in der „Wilden Klosterküche“ erwartet?
Ich bin jetzt noch ganz platt. Manuel Bunke serviert eine raffinierte Regionalküche auf klassischer Basis. Verarbeitet werden die Produkte aus der Region: Wild, Bio-Gänse, Haselnüsse, Quitten, Kohl … Eine Entdeckung war für mich der im hauseigenen Leinsamen-Gin eingelegte Knollensellerie. Die Gerichte spiegeln die Landschaft wider. Kurzum: Für eine junge Brandenburger Küche, die zeitgemäßen Küchen selbst in Metropolen dieser Welt in nichts nachsteht, gab‘s die Feinschmecker Topp-Note.
Ein Einzel- oder Glücksfall?
Ich denke nicht. Es passiert etwas in Brandenburg und in Berlin. Junge Köche, die schon nach der Wende geboren wurden und selbstbewusst auf Wanderschaft gingen, kehren mit ihrem Wissen zurück. Manuel Bunke kommt aus Guben, kochte in Garmisch-Partenkirchen, in Berlin, in einem 5-Sterne-Luxushotel in Österreich, in Australien und auf den Fidschi-Inseln. Auf dem Weg verliebte er sich in eine Frau aus Neuzelle, die sympathische Gastgeberin im Restaurant. Ein zweiter dieser Rückkehrer ist Martin Kortschlag, der ebenfalls ausgesprochen begabte nagelneue Küchenchef im Schloß Reichenow, der u. a. in der Schweiz und im Berliner Margaux war. Ihn brachte seine Partnerin aus Beeskow zurück in die Heimat.
Spitzenküche hat keine Gasthof-Preise. Kommen nur Feinschmecker in die „Wilde Klosterküche“? Das reicht nicht zum Überleben.
Nein, hier hat längst ein Umdenken eingesetzt. Das bestätigten mir Manuel Bunke und auch Martin Kortschlag. An diesem Abend in der „Wilden Klosterküche“ traf ich Gäste aus Frankfurt (Oder), Guben und Cottbus. Die Qualität hat sich längst rumgesprochen, das Restaurant war voll besetzt. Auch Mittagstisch wird serviert. Die Preise – das Drei-Gänge-Menü 40 Euro, Hauptgerichte ab 20 Euro – sind sehr moderat.
Wer Sie lange kennt, weiß, dass Sie – ganz Oldschool – mit Landkarte statt mit Navi fahren. Neuzelle gleich gefunden?
Tatsächlich nein! Mein wohl trainiertes Tester-Hirn hat mich auf der A13 wie auch sonst einfach gemütlich in Autopilot- Modus gen Süden tuckern lassen. Beim ersten „Spreewald“- Schild war klar, Plan B muss her, eine Landstraßen-Safari! Die Gläserne Molkerei in Münchehof habe ich so entdeckt und die Burg Beeskow und verwunschene Wälder und raureiffunkelnde Wiesen. Eisenhüttenstadt dann hat mich ad hoc fasziniert. Es wirkt wie aus einem Guss, und man spürt, dass die Stadt in einer besonderen Aufbruchzeit entstand. Grund genug für einen viel zu kurzen Bummel und Gespräche mit Menschen, die mir alle bestätigten, dass sie hier gern leben. Und dann hat mich Neuzelle vom Hocker gehauen.
Weil die Schönheit so überwältigend ist?
Es war wohl der Gegensatz: Ich fuhr durch Eisenhüttenstadt, erlebte, was von der DDR geblieben ist, und landete auf einmal in einer barocken Klosteranlage, die in ihrer Architektur, Farbigkeit und Einbettung in die hügelige Landschaft mit weiten Blicken so harmonisch ist, dass sie wie von Künstlerhand geschaffen wirkt. Kaum hatte ich eingeparkt, kamen die Zisterziensermönche in ihren weißen Kutten auf dem Fahrrad angeradelt. Ihre sieben Gebetszeiten täglich sind übrigens öffentlich. Hoch erfreut war ich über die Metzgerei Baum genau gegenüber der „Wilden Klosterküche“, in der viele Menschen nach handwerklich produzierter Wurst anstanden. So etwas findet man kaum noch in Berlin. Ich habe mit vielen Menschen gesprochen und erlebt, wie sie sich um ihren Ort liebevoll kümmern. Und natürlich habe ich auch nach der „Wilden Klosterküche“ gefragt, die alle kannten.
Wann eigentlich geben Sie sich als Tester zu erkennen?
Das ist unterschiedlich, meist gar nicht. Wenn ja, dann erst nach dem Essen. Manchmal bemerkt ein aufmerksamer Service- Mitarbeiter, dass ich mir beim Essen Notizen mache, oder der Koch wird stutzig, wenn ich nach dem Essen um ein Gespräch bitte.
Ihr Neuzelle-Fazit?
Hinfahren und entdecken!