Das Potsdam Museum besitzt in seiner Kunstsammlung einen umfangreichen Werkbestand des Impressionisten Karl Hagemeister, der in der Nähe von Potsdam lebte und zu den Wegbereitern der modernen Landschaftsmalerei in Deutschland zählt. Eine für Potsdam konzipierte Werkschau stellt vom 8. Februar bis zum 5. Juli 2020 das malerische und grafische Schaffen des Künstlers von 1870 bis 1916 vor. In Kooperation mit zwei Partnermuseen, dem Museum Georg Schäfer in Schweinfurt und dem Kunstmuseum Ahrenshoop, wird die Ausstellung anschließend an zwei weiteren Standorten in Deutschland präsentiert.
Angesichts der aktuellen Krisensituation musste die Ausstellung am 13. März geschlossen werden. Das Potsdam Museum behält sich eine Verlängerung der Werkschau vor. Karl Hagemeister war zeit seines Lebens mit dem märkischen Havelland verbunden. In seinem Geburtsort Werder an der Havel hat er – abgesehen von seinen künstlerischen Anfängen bei Friedrich Preller in Weimar und seinen zahlreichen Studienreisen, u.a. nach Rügen, Italien, Holland, Brüssel und Paris – sein Leben verbracht. Hier gelang ihm ein Leben im Einklang mit der Natur, hier fand er die idealen Bedingungen für seine künstlerische Ausrichtung. Die Mark Brandenburg mit ihren vielen Seen, Sumpfgebieten und weiten Wiesenlandschaften wurde zwischen 1878 und 1881 auch mehrfach der gemeinsame Studienort von Karl Hagemeister und seinem Wiener Künstlerfreund Carl Schuch. Darauf folgten Jahre des einsamen, intensiven Naturstudiums und die Loslösung von der malerischen Auffassung seiner bis dahin wegbestimmenden Zeitgenossen. Es ist bezeichnend für Karl Hagemeister, dass er seine Idee, seine malerische Intuition und seinen vollkommen eigenständigen, unverwechselbaren künstlerischen Ausdruck rein aus der Naturbeobachtung des lokalen märkischen Raumes entwickelte. Sein Leben und Denken war in den folgenden Jahrzehnten tief vom Naturgedanken des Impressionismus durchdrungen. Auf einzigartige Weise entwickelte sich Karl Hagemeister zu einem der wichtigsten Wegbereiter der modernen Landschaftsmalerei und zugleich zu einer ihrer markantesten Künstlerpersönlichkeiten.
Die Kunstsammlung des Potsdam Museums umfasst 14 Gemälde, fünf großformatige Pastelle sowie 76 Zeichnungen von Karl Hagemeister.
Die Ölgemälde stammen laut Inventarbuch aus dem historischen Gemäldebestand des Städtischen Museums und wurden somit noch vor 1945 erworben. Eine besondere Stellung in der hauseigenen Sammlung nimmt das Ölgemälde „Herbstwald“ ein, das Karl Hagemeister 1899 schuf. Erworben wurde es am 18. November 1929 von den Erben des Kunstmalers, Sammlers und Mitbegründers des Städtischen Museums Fritz Rumpf und somit noch zu Lebzeiten Hagemeisters.
Alle weiteren Gemälde, Pastelle und Zeichnungen gelangten postum, d.h. nach dem Ableben Hagemeisters 1933 in den Bestand des Städtischen Museums Potsdam. Mit Blick auf die Dokumentation und die Provenienz der Pastelle von Karl Hagemeister ergeben sich zwei unterschiedliche Erwerbungszeiträume. So wurden die hochformatigen Arbeiten „Kiefern“ und „Märkische Winterlandschaft“ für den historischen Sammlungsbestand und somit sicherlich innerhalb des Zeitraums zwischen 1935 und 1945 erworben, während Hagemeisters „Uferlandschaft mit Seerosen“ und „Winterlandschaft (Raureif )“ über Ankäufe des Bezirksmuseums in den Bestand gelangten. Letzteres Werk ging 1969 als Erwerbung von der Großnichte des Künstlers in die Sammlung des heutigen Potsdam Museums ein. Es besticht durch seine enorme Modernität. Das Pastell ist fast vollkommen ungegenständlich angelegt, es zeigt die Baumstämme und den moosgrünen Bodenbelag nur schemenhaft, ebenso das filigrane Geäst, auf dem sich der Raureif niedergelassen hat. Mit einer extrem reduzierten Farbpalette an Pastellkreiden hat Karl Hagemeister ein Werk geschaffen, das dem Flüchtigen der Stimmungswahrnehmung Ausdruck verleiht. In seiner filigranen Linienführung erscheint es beinahe durch japanische Farbholzschnitte beeinflusst.
Ein Besuch der derzeitigen Sonderausstellung ermöglicht auch die lichtempfindlichen Zeichnungen Hagemeisters zu sehen, die aus konservatorischen Gründen nur selten ausgestellt werden. Sie wurden fast sämtlich in den 1960er und 1970er Jahren, meist als Konvolute aus Werderaner Privatbesitz, erworben. Darunter befindet sich eine größere Zeichenfolge von 1875 bis 1877, die Hagemeisters Studienreisen nach Italien belegt. Das breite Spektrum an Themen und Techniken des Werderaner Ausnahmekünstlers wird im Begleitprogramm und im Ausstellungskatalog vertieft. So sind auch häuserübergreifende Veranstaltungen mit dem Museum Barberini vorgesehen, die die Künstler des französischen und deutschen Impressionismus Claude Monet und Karl Hagemeister präsentieren.