Die Zutatenliste als Wegweiser

„Jeder kennt es: Durch das übermäßige Angebot und die großen Portionen zucker-, fett- und salzreicher Nahrung schlagen viele von uns nur allzu gern über die Stränge.“ David Kessler, ehemaliger Beauftragter der US Food & Drug Administration, Autor des Buches „Das Ende des großen Fressens“. Foto: Depositphotos 153647098

Die meisten Verführungen beginnen mit einem verlockenden „Mmmmh, das schmeckt so unglaublich gut!“ und enden oft mit einem schlechten Gewissen, weil man das Gefühl hat, „gesündigt“ zu haben. Aber was würde passieren, wenn Sie diesen Kreislauf umkehren? Haben Sie sich schon einmal gefragt, warum genau etwas so köstlich ist? Könnte es daran liegen, dass diese Produkte hauptsächlich aus Zucker, Fett, Salz und Zusatzstoffen bestehen? Mit diesem Artikel lädt unsere Ernährungsberaterin Maren Bucec Sie ein, Ihre Perspektive zu wechseln, um ganz ohne Verbote echte Geschmackserlebnisse zu entdecken. Und dieser Prozess beginnt beim Einkaufen.

Einkaufsgewohnheiten im Supermarkt beeinflussen Ihre Ernährung und Ihren Lebensstil, und eine veränderte Sichtweise beim Einkaufen kann bereits wirksame Veränderungen nach sich ziehen. Gesündere Entscheidungen werden einfacher, wenn Sie bestimmte Lebensmittel von vornherein meiden. Optimieren Sie Ihre Einkaufsgewohnheiten, um bewusster zu handeln, sei es durch detailliertere Einkaufslisten, den Fokus auf frische Zutaten oder die Unterstützung regionaler Produzenten. Kleine Veränderungen im Supermarkt haben großen Einfluss auf Ihr Leben und die Welt.

Zutatenliste als Entscheidungsfaktor

Alle Ernährungsexperten sind sich einig: Entscheidend für eine gesunde Lebensweise ist es, den Schwerpunkt auf frische, natürliche und möglichst wenig verarbeitete Lebensmittel zu legen. Wenn Sie sich beim Einkauf darauf konzentrieren, Produkte auszuwählen, die Ihren Körper mit den notwendigen Nährstoffen versorgen, dann wird die Zutatenliste zu einem wichtigen Informationsmittel. Um Ihnen Zeit im Supermarkt zu sparen, empfehle ich, die Produkte gedanklich in drei Gruppen zu unterteilen:

Natürliche Lebensmittel wie Obst, Gemüse, Hülsenfrüchte und Nüsse benötigen gar nicht erst eine Zutatenliste, die beachtet werden müsste. Leicht verarbeitete Produkte zeichnen sich durch eine kurze Liste von Inhaltsstoffen aus, die einfach zu lesen und zu verstehen sind. Beispiele hierfür sind Brot, Kaffee, Tee und Konserven mit minimalem Verarbeitungsgrad wie Bohnen, Fisch oder Tomaten. Stark verarbeitete Produkte wie Back- oder Wurstwaren und Fertiggerichte bestehen aus einer Vielzahl von Inhaltsstoffen, oft Zucker, Salz, Fett und zahlreiche Zusatzstoffe. Die meisten Begriffe auf den Verpackungen sind ohne Fachkenntnisse nur schwer oder gar nicht verständlich.

Machen Sie es sich zur Gewohnheit, Verpackungen umzudrehen, denn die wesentlichen Informationen finden sich auf der Rückseite

Nutzen Sie die wertvollen Angaben des Kleingedruckten, statt den Werbeversprechen der Frontansicht zu vertrauen. Machen Sie es sich zur Gewohnheit, Packungen umzudrehen. Denn auf dem Etikett finden Sie nicht nur die Nährwertangaben, sondern auch Details über Zutaten, Zusatzstoffe, die sogenannten E-Nummern sowie Allergene. Solche Informationen sind wichtige Eckpfeiler für Ihren Einkauf.

Zutaten: Das sind die grundlegenden Bestandteile, aus denen Lebensmittel hergestellt sind. Die Hauptzutat steht jeweils an erster Stelle, danach folgen weitere Stoffe, absteigend nach Mengenanteil. Achtung: Hersteller verwenden manchmal verschiedene Bezeichnungen für Zucker (wie Glukose, Fruktose und Dextrose), um zu verschleiern, dass die Kunden Zucker als Hauptbestandteil wahrnehmen. Ein sehr zweifelhafter Trick. 

Zusatzstoffe: Sie werden oft als „Säuerungsmittel: Citronensäure“ oder „Antioxidationsmittel: Ascorbinsäure“ aufgeführt, können aber auch in Form einer E-Nummer angegeben sein, beispielsweise „Säuerungsmittel: E 330“ auf dem Etikett. Wer kein Experte ist, hat es hier schwer mit einer Einschätzung.

Allergene: Diese Bestandteile müssen stets leicht erkennbar sein und werden durch eine abweichende Schriftart hervorgehoben, etwa in Versalien (SOJA), kursiv gesetzt (Weizen) oder fettgedruckt (Milcheiweiß).

Versteckte Zusatzstoffe in Zutaten 

Nicht alle Inhaltsstoffe sind auf der Zutatenliste aufgeführt, da es ein Schlupfloch gibt: Enzyme und chemische Substanzen, die während der Verarbeitung von Zutaten hinzugefügt werden, müssen später nicht separat deklariert werden. Stattdessen werden sie als „Zusatzstoffe in Zutaten“ betrachtet. Ein Beispiel hierfür sind Stoffe in fertigen Mehlmischungen, die große Bäckereien verwenden, um Brot etwa länger haltbar zu machen. Verbrauchern bleiben nähere Infos dazu vorenthalten. Zusätzlich gibt es noch mehr als 5.000 weitere Substanzen wie Verarbeitungshilfs-, Trägerstoffe und Lösungsmittel, die ebenfalls nicht auf der Zutatenliste zu vermerken sind, weil sie nur in kleinen Mengen zugefügt werden. Sie dienen beispielsweise dazu, Teig geschmeidiger zu machen oder den Inhalt besser in die Verpackung füllen zu können.

Hochverarbeitete Lebensmittel unter der Lupe

Aussehen, Textur und Geschmack von hochverarbeiteten Lebensmitteln erreichen die Hersteller also durch eine Vielzahl von Verarbeitungsschritten und den Einsatz von Zusatzstoffen. Sie konzipieren die Produkte extra so, dass sie uns dazu verleiten immer wieder zuzugreifen. Betrachten wir also einmal die Perspektive der Industrie …

Zucker, Fett, Salz und Zusatzstoffe – die Hauptbestandteile von hochverarbeiteten Lebensmitteln

Stellen Sie sich vor, Sie haben eine Palette von fünf bis 20 verschiedenen Zutaten zur Verfügung: hauptsächlich Zucker, Fett, Salz und einige Zusatzstoffe aus dem Chemielabor. Mit diesen Grundelementen können Sie eine schier unendliche Bandbreite an Produkten entwickeln! Eine geschickte und stark emotional geprägte Vermarktung macht diese bei Ihrer Zielgruppe bekannt, beliebt und nachgefragt, sodass sie Teil eines als modern und angesagt angesehenem Lebensstil werden. Das Klimpern der Kasse ermutigt und inspiriert die Industriellen dazu, immer Neues in die Regale zu bringen. Dass der übermäßige Konsum die Gesundheit der Käufer nachweislich gefährden kann, spielt dabei oft eine untergeordnete Rolle. Daher sollte die Eigenschaft „lecker“ nie das einzige Kriterium sein, auf das Sie vertrauen. Setzen Sie stattdessen auf den authentischen Geschmack und den Reichtum an Nährstoffen, den natürliche Lebensmittel Ihnen bieten. 

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