Nah und wunderbar

Fotos: Besucherinformation Neuzelle

Wo das Glück unserer Träume greifbar ist, das kann ein Platz am anderen Ende der Welt sein oder direkt um die Ecke. Jeder hat seine Sehnsuchtsziele, die er gerne einmal besuchen oder wiedersehen möchte. Jetzt in der Ferienzeit ist es für viele ein weit entfernter Urlaubsort. Manche möchten oder können aber nicht weit fahren oder sind noch unentschlossen. Wir können da vielleicht eine Entscheidungshilfe leisten: Frei nach dem Motto: „Warum in die Ferne schweifen …“ stellen wir Ihnen ein paar nahe Sehnsuchtsorte vor, die Sie begeistern werden.

Auf der Autobahn von Berlin in Richtung Südwesten nach Frankfurt (Oder) und dann nach Eisenhüttenstadt – fast an der polnischen Grenze und ganz in der Nähe von Oder und Neiße im Landkreis Oder – Spree liegt Neuzelle. Hier gründeten vor 750 Jahren die Zis-
terziensermönche ein Kloster – sie bauten viele Jahrhunderte an der Anlage, die heute als „Barockwunder“ bezeichnet wird. Denn das ursprünglich gotische Kloster wurde im 17.Jahrhundert Barock überformt – italienische und böhmische Künstler haben eine prunkvolle Innenausstattung geschaffen.

Klostermuseum mit Kreuzgang

1817 wurde das Kloster aufgelöst und verstaatlicht – heute ist das Land Brandenburg Eigentümer. Vor fünf Jahren kehrten sechs Zisterziensermönche aus dem Stift Heiligenkreuz in Österreich dorthin zurück und gründeten 2018 ein Priorat in Neuzelle, eine Art kirchliche Provinz. Ein richtiges Zisterzienserkloster beheimatet normalerweise mindestens 12 Mönche. Sie gestalten ihr Leben nach den Regeln des heiligen Benedikt: sie beten 7x am Tage das Chorgebet und singen auch zusammen. Und sie gehen verschiedenen Aufgaben in der Gemeinschaft nach, etwa der Seelsorge. Neuerdings arbeiten drei Schwestern im Kloster und unterstützen die Mönche. Im Kloster-Museum „Himmlisches Theater“ werden Passionsdarstellungen vom Heiligen Grab aus dem Jahr 1750 ausgestellt. Zu DDR-Zeiten gab es vom Bistum Görlitz ein Priesterseminar auf dem Gelände, eine Oberschule und ein Lehrer Fortbildungsseminar. Eine durchaus ungebrochene Bildungssituation, bis heute. Der barocke Klostergarten erstreckt sich bis zum Ufer der Oder – er ist kein Nutzgarten, sondern ein „prachtentfaltender“ Garten in Bezug auf barocke Lebensart. Er gilt als einzige barocke Parkanlage in Brandenburg und ist in den letzten Jahren nach Plänen von 1758 wiederhergestellt worden. Mit Spiegelteil, Orangerie, Springbrunnen, Palisaden Bäumchen sowie gezirkelten und angelegten Wegen gehört er zu einem der 25 schönsten Gärten Deutschlands.

Pater Isaak ist mit 14 Jahren in Heiligenkreuz ins Kloster eingetreten, dann das Noviziat. „Man lernt die Klosterbrüder- und Traditionen kennen, danach eine quasi dreijährige „Verlobungsphase“ und dann die ewige Profess, also das Glaubensgelübde “bis dass der Tod uns scheidet, wie bei einer Ehe.“ Täglich insgesamt drei Stunden Chorgebet, pastorale Verpflichtungen – das wäre mit Familie kaum lebbar, deshalb das Zölibat…trotzdem sind die Mönche keine beziehungslosen Wesen, die Mitbrüder und gute Freunde sind schließlich auch da – zum Feiern kommen sie dabei auch. Pater Isaak weiß: „Nicht umsonst steht neben jeder Kirche in Bayern ein Wirtshaus – Leib und Seele gehören zusammen. Seit jeher.“ Wen wunderts: Hier in Neuzelle ist gleich eine kleine Brauerei neben dem Kloster zu finden – die letzte noch produzierende Klosterbrauerei Brandenburgs. Weltweit wird das Bier heute online vertrieben oder man probiert es direkt im Klosterladen nebenan.

Demnächst soll übrigens ein neues Kloster gebaut werden, nicht so opulent wie das alte, aber eine Oase der Ruhe für jedermann, freuen sich die Mönche. „Da haben wir wirklich etwas zu bieten, durch unsere Mischung aus Gebet und Arbeit. Das ist ein Zentrum, wo Leute zur Ruhe kommen können, wo diese jahrtausendalten gregorianischen Gesänge gesungen werde“ – so Pater Isaak. Immer mehr von ihnen kommen nach Neuzelle, können aber nicht im Kloster unterkommen, weil viele der vorhandenen Räume an andere Nutzer vermietet sind. Nur so können sie baulich erhalten werden. Denn ihnen gehört vom Kloster, den Ländereien und anderen Gebäuden nichts mehr.

Einblicke in das Klosterleben für Jedermann sind also in Neuzelle möglich. Als Vorgeschmack quasi ist ein Besuch im Strohhaus im Ort Neuzelle zu empfehlen, 1780 erbaut, mit Rohrdeckung und Roggenstrohfirst ist es im Originalzustand zu besichtigen“, erklärt Gabriele Werner vom Tourismusamt. „Da kann man schauen, wie die Bediensteten zur Klosterzeit gelebt haben. Das Highlight ist die ‚schwarze Küche‘, das ganze Haus wird von dort beheizt und gleichzeitig wird gekocht.“

www.tourismus.neuzelle.de
www.zisterzienserkloster-neuzelle.de