Klein und unscheinbar erstreckt sie sich: die Hermann-Elflein-Straße. Doch wer mit achtsamem Blick durch diesen rund 350 Meter langen Straßenzug spaziert, dem offenbaren sich gut erhaltene Details einer bewegten Vergangenheit und einer nicht minder aufregenden Gegenwart.
Die heutige Hermann-Elflein-Straße, gelegen in der nördlichen Innenstadt, verbindet die Charlottenstraße mit der Hegelallee. Sie entstand im Rahmen der zweiten barocken Stadterweiterung unter Friedrich Wilhelm I. In der Mitte des 18. Jahrhunderts bewohnten unter anderem Sattler, Glaser, Kürschner und Viktualienhändler den Straßenzug, der damals noch Schockstraße hieß; benannt nach Samuel Schock, der 1736 als Schweizer Kolonist gezielt vom preußischen Hofe angeworben wurde, um die erste preußische Manufaktur zur Tabakverarbeitung zu errichten. In der Tabakfabrik, die er auf den geschenkten Grundstücken Nr. 27 und 28 errichtete, begann er zunächst mit der Produktion von Pfeifentabak. 1742 brannte die Fabrik ab. Nach dem Wiederaufbau stellte sie den feineren Schnupftabak her, der nicht nur an den königlichen Hof geliefert wurde, sondern den man auch exportierte, u. a. nach Sachsen, Polen und England. Auch das Grundstück Nr. 3 wurde vom König verschenkt, und zwar an den ursprünglich aus Süddeutschland stammenden August Melchior Erhardt. Er versah das barocke Typenhaus mit einer aufwendigen Verzierung über der Toreinfahrt. Der Goldene Arm des Handwerks, ein preußischer Adler und Putten mit Bildhauer- und Böttcherwerkzeugen weisen darauf hin, dass der erste Hausbesitzer Holzbildhauer und Braumeister war. Dieses Gebäude ist das einzige, das als Fachwerkhaus die Zeiten überdauert hat, denn bereits im 17. Jahrhundert verputzte man die Straßenfassaden, da Fachwerk als ärmlich galt."
Der Originalzustand sowie die Raumaufteilung sind weitestgehend erhalten, selbst die barocke Verglasung, die Beschläge und die Dachdeckung stammen aus den Jahren der zweiten barocken Stadterweiterung. Darum liefert das Haus „Im güldenen Arm“ eine gute Vorstellung vom Leben der damaligen Zeit. Dieses Musterhaus des 18. Jahrhunderts wurde 1989/90 durch bürgerschaftliches Engagement gerettet, saniert und zu einem Museum entwickelt. Im Hof finden in den Sommermonaten kulturelle Events statt.
1945 bekam die Straße ihren heutigen Namen. Hermann Elflein war ein Thüringer, der seit 1922 in Potsdam wohnte und als Zeichner und Lithograph arbeitete. Von 1924 bis 1929 war er Mitglied der Stadtverordnetenversammlung und organisierte als KPD-Mitglied den Potsdamer Widerstand gegen die faschistische Ideologie. 1942 verstarb er im KZ Sachsenhausen.
Nach 1945 verfielen die Gebäude zusehends. Einige Häuser an der Ecke zur Gutenbergstraße wurden Mitte der 1980er-Jahre abgerissen und durch eine zweigeschossige historisierende Bebauung in Plattenbauweise ersetzt. Die neuen Häuser wurden voll unterkellert, das Dachgeschoss mit Terrassen ausgebaut. In den 1990er-Jahren begann eine umfangreiche Sanierung, die mittlerweile nahezu abgeschlossen ist.
Obwohl die Elflein-Straße keine Einkaufsstraße ist, finden sich in relativer Nähe zur Brandenburger Straße kleine Geschäfte, die wohlfeile Sachen mit viel Liebe zum Detail anbieten. Im Goldschmiedecafe an der Ecke zur Gutenbergstraße kann man individuelle Schmuckstücke bestellen und gleich nebenan findet sich eine alteingesessene Bilderrahmerei, die bereits im 19. Jahrhundert ihr Domizil aufschlug. In der Elfleinstraße Nr. 23 befindet sich „Society“ – eine Boutique, die außergewöhnlich extravagante Bekleidung aus der ganzen Welt führt. Die Inhaber sind immer auf der Suche nach den neuesten Mode-Trends aus Frankreich, Italien und den USA. Deshalb finden Damen und Herren hier Mode, die man in anderen Geschäften erst sehr viel später kaufen kann. Das Society-Team steht für gute Beratung, Service und Fachkompetenz. Sogar Beratung und Verkauf zu Hause in den eigenen vier Wänden ist möglich.
Während man in den Elflein-Höfen auch shoppen kann, ist der Hof des Selbsthilfe-, Kontakt- und Informationszentrums (SEKIZ) der Entspannung gewidmet. SEKIZ ist eine niederschwellige Erstkontaktstelle, die Beratung zur Selbsthilfe sowie Lebenshilfe aller Art anbietet. Nach einem Beratungsgespräch vermittelt SEKIZ in das weitreichende Netzwerk der Potsdamer Unterstützungsangebote, in eine Ehrenamtstätigkeit oder in eines der vielen Kursangebote im Haus. Im Juni feierte das SEKIZ sein 25-jähriges Jubiläum mit einem Straßenfest, das genauso viele Menschen anzog, wie sonst in der Woche das Haus in der Nummer 11 besuchen: rund 400 Leute aller Alters- und Sozialschichten besuchten das Fest. Auch das KUZE, das studentische Kulturzentrum in der Elfleinstraße 12, widmet sich dem sozialen Austausch. Zu günstigen Preisen kann man hier Theateraufführungen, Kneipenleben und musikalische Events erleben.