Freudentränen, Jubel, Innehalten – im Juni 2018 gewannen die Football-Spieler der Potsdam Royals den Europapokal. Als Underdogs gestartet, schlugen sie mit 43:42 den klar favorisierten Club Seamen Milano – und sorgten so für das „Wunder von Mailand“.
Kein Wunder war es, was dann folgte: Partys, Anerkennung rundum, viel mediale Aufmerksamkeit und der Eintrag ins Goldene Buch der Stadt. „In diesem Jahr wird das unvergleichbar schwerer, denn nun haben uns die anderen Mannschaften auf dem Schirm“, weiß Stephan Goericke, der vor gut zwei Jahren die Präsidentschaft des Potsdamer Vereins übernahm. Eher zufällig und „schuld“ seien seine Sportbegeisterung, seine Amerika-Affinität und nicht zuletzt seine Büroleiterin Petra Opitz. „Damals lebte ich mit meiner Familie noch in Boston und da kommt man an American Football nicht vorbei. Während eines Besuchs in Boston erzählte mir meine Büroleiterin, dass ihr Sohn ein begeisterter American Footballer sei, aber der Verein keine Spielstätte in Potsdam findet.“ Zurückgekehrt nutzte der erfolgreiche Unternehmer – Stephan Goericke ist Geschäftsführer der iSQI GmbH sowie Inhaber der GOERICKE Beratung für Strategie und Kommunikation GmbH und organisierte zehn Jahre lang die Deutsche Parkinson Gala „TULIP“ – sein Netzwerk, um einen Umzug des Vereins ins Stadion im Sportpark Luftschiffhafen zu ermöglichen. Plötzlich war diese uramerikanische dynamische Sportart in der Landeshauptstadt mehr denn je öffentlich präsent: die Begeisterung für die athletischen Spieler und das explosive Geschehen auf dem Platz, das neben Kraft taktisches Wissen und Können erfordert. Gerade Kinder und Jugendliche begeistern sich für das tempo- und punktreichen Spiel.
Stephan Goericke nutzte sein Netzwerk zugleich, Unterstützer zu finden, denn Vereinssport mit Ambitionen braucht ein sicheres finanzielles Fundament. „Ich mache die Dinge immer 100-%ig, bis sie laufen“, beschreibt er seine Haltung, die für berufliche Projekte genauso gilt wie für ehrenamtliche. Der Manager sprach Freunde und Bekannte an und begeisterte die Verantwortlichen der kommunalen Fördertöpfe und Unternehmen wie beispielsweise ProPotsdam, die Mittelbrandenburgische Sparkasse, die AOK, das Autohaus EHRL, Lotto Brandenburg und viele mehr. „Das ist in der Sportstadt Potsdam mit den vielen Spitzensportlern und -vereinen gar nicht so einfach“, bekennt der Vereinspräsident, dessen Unternehmen iSQI das erste war, das – nach Entscheidung der Belegschaft – einen Sponsorenvertrag unterschrieb. Die sportliche Leistung kam prompt. 2015 in die 2. Liga aufgestiegen, sicherten sich die Potsdam Royals 2017 erstmals einen Platz in Deutschlands höchster Spielklasse. Und dann folgte auch schon das „Wunder von Mailand“.
Durchschnittlich 1.500 Zuschauer kommen zu den Heimspielen der Potsdam Royals im Luftschiffhafen und spornen ihre Mannschaft an, die sich für diese Saison ehrgeizige Ziele stellt. Das Team hat sich mit Neuzugängen aus dem Ausland verstärkt, denn die German Football League (GFL, vergleichbar mit der 1. Bundesliga) gilt als leistungsstärkste Football-Liga in Europa und besitzt so auch internationale Anziehungskraft. „Mit Michal Vogt, der seit 2007 die Mannschaft trainiert, haben wir einen hervorragenden Headcoach. Er ist das Herz der Mannschaft“, urteilt Stephan Goericke. „Das Team kämpft hart und weiß genau, wo es hinwill.“ Und das ist ein Playoff-Platz und der internationale europäische Rasen: Mission Titelverteidigung. „Wir wollen ein Finale in Potsdam“, formuliert der Vereinspräsident selbstbewusst.
Diese ambitionierte Leidenschaft lebt der gesamte Verein, der von jeher eine gute Nachwuchsarbeit betreibt. Neben den Königlichen in der 1. Liga gibt es eine zweite Männermannschaft sowie drei Teams im Kinder- und Jugendbereich. „Es spielen alle mit“, weiß Stephan Goericke und meint damit gerade auch die vielen ehrenamtlichen Übungsleiter, die rund 130 jungen Potsdamern das 1 x 1 des American Football vermitteln, mit dem Nachwuchs das durchaus komplizierte Regelwerk pauken und für stetigen sportlichen Leistungszuwachs sorgen. Und gar nicht so selten die Kinder und Jugendlichen unterstützen, ihren Weg ins Leben zu finden.
Im Entstehen sind Projekte, die der Verein gemeinsam mit der AWO, der EWP und der AOK Nordost an Schulen in der Landeshauptstadt umsetzt. Kindern aus Familien, die sich aus finanziellen Gründen keine Vereinsmitgliedschaft leisten können, soll die Tür für eine regelmäßige sportliche Betätigung geöffnet werden. Für alle, die durchhalten, wird es im 2019er Sommer ein American-Football-Camp geben. Auch die erste Mannschaft engagiert sich bei diesen und anderen sozialen Projekten.
Petra Opitz‘ Sohn Philipp trainiert noch immer bei den Potsdam Royals und spielt mittlerweile in der B-Jugend. „Da kommt allerhand hinterher“, freut sich Vereinspräsident Goericke über die starken Nachwuchs-Eigengewächse. Gut für ehrgeizige Pläne.