Unter dem Motto „Unsere Kunst ans Licht“ stellen wir in den nächsten Ausgaben Brandenburger Künstlerinnen und Künstler und ihre Werke vor, die sich in der städtischen Sammlung des Potsdam Museums befinden. Als Auftakt dieser Reihe erklären Museumsdirektorin Dr. Jutta Götzmann und Fördervereinschef Markus Wicke in einem Gastbeitrag die Notwendigkeit einer ständigen Ausstellung der Potsdamer Kunstsammlung.
Das Potsdam Museum – Forum für Kunst und Geschichte besitzt mit über 270.000 Objekten eine der größten kunst- und kulturgeschichtlichen Sammlungen Brandenburgs. Über den Museums- und Kunstverein ist bereits zu Beginn 1909 der Grundstock für eine Sammlung Bildende Kunst gelegt worden, die durch Schenkungen vieler Potsdamer Künstler und Bürger sowie durch Ankäufe ausgebaut wurde. Heute umfasst sie 13 000 Werke und geht bis ins 18. Jahrhundert zurück."
Die Sammlung setzt sich aus Gemälden, Zeichnungen, Künstlergrafiken, Skulpturen und Kleinplastiken zusammen. Abgesehen von der Sammlung der älteren Meister, die vornehmlich Porträts, Architekturmotive sowie Stadt- und Landschaftsansichten aufweist, liegt der Sammlungsschwerpunkt auf dem Gebiet der bildenden Kunst nach 1850. Die Berliner Secessionisten und Impressionisten Karl Hagemeister, Hannah Schreiber de Grahl, Heinrich Basedow d.J. und Philipp Franck sind in der Sammlung ebenso vertreten wie der Expressionist Otto Müller und die Bauhaus-Schülerin Magda Langenstraß-Uhlig. In den 1920er Jahren zog mit Werken von Heinrich Basedow d.J. die Neue Sachlichkeit in die museale Sammlung ein.
Trotz wichtiger, überregional ausstrahlender Ausstellungen wie dem Potsdamer Kunstsommer im Jahr 1921 gelang jedoch es in der Folgezeit nicht – wie in anderen Städten vergleichbarer Größe – ein eigenständiges Gebäude für die städtische Gemäldesammlung aufzubauen. Das Museum hat seit 1917 einen Etat zum Ankauf von „älteren Meistern“ und ab 1926 zum Erwerb von Werken in Potsdam lebender Künstler zur Verfügung. Die Beschränkung im Aufbau der Sammlung, die der zuständige Dezernent Friedrich Bestehorn als „rein geschichtliches Zeugnis über das in den Mauern der Stadt lebende und gelebte künstlerische Können“ klassifizierte, trägt Ihre Spuren bis heute. Als 1976 in Potsdam – ebenso wie in den Bezirksstädten Cottbus und Frankfurt/Oder – eine Sammlung zur Gegenwartskunst in der DDR gegründet wurde, versuchten die Leiterinnen im Aufbau der Sammlung mit mehr Weitsicht auch überregionale Akzente zu setzen.
Unter dem Namen Galerie Sozialistische Kunst (GSK) wurde sie als Abteilung des Bezirksmuseums geführt, erlangte 1989 eine kurzzeitige Selbstständigkeit und bildet mit 6.200 Werken der Malerei, Grafik und Plastik im heutigen Potsdam Museum – Forum für Kunst und Geschichte den größten Bestandteil der Kunstsammlung nach 1945.
Die Leipziger Schule ist beispielsweise mit Bernhard Heisig und Ulla Walter vertreten, Günter Firit war am 1. Leipziger Herbstsalon beteiligt. Für die Dresdner Akademie lassen sich Curt Querner und Stefan Plenkers anführen. Hier konnten wichtige Erweiterungen – auch in Form von Dauerleihgaben – in den letzten Jahren erfolgen. Der Cottbusser Künstler Hans Scheuerecker hat über grafische Arbeiten Eingang in die Potsdamer Sammlung gefunden, die Berliner Schule ist durch Gemälde und Lithografien von Joachim Böttcher und Harald Metzkes vertreten. Aus dem Berliner Umkreis stammen des Weiteren Manfred Butzmann, Frank Gottsmann und Roland Nicolaus.
Gemäß dem Sammlungsauftrag bestimmen Werke von Potsdamer Künstlerinnen und Künstlern den umfangreichen Kernbestand, darunter auch zahlreiche Absolventen der Dresdener oder Berliner Hochschule. Pars pro toto lassen sich Hubert Globisch, Karl und Barbara Raetsch, Peter Rohn, Stephan Velten, Wolfgang Wegener, Christian Heinze, Wolfgang Liebert, Christa Panzner erwähnen.
Nach 1990 waren es vor allem der 2003 gegründete (dritte) Potsdamer Kunstverein und der 2004 gegründete Förderverein des Potsdam Museums, die neben einem größeren Ort für das Potsdam Museum auch eine ständige Präsentation der Potsdamer Kunstsammlungen forderten. Beide Vereine sorgten darüber hinaus mit Ankäufen und Vermittlung von Schenkungen für die stetige Erweiterung der städtischen Kunstsammlung, da die Ankaufsaktivitäten des finanziell und strukturell geschwächten Potsdam Museums nach 1990 stark zurückgingen.
„Bedauerlicherweise können diese und andere Schlüsselwerke der städtischen Kunstsammlungen bisher aus Platzgründen immer nur temporär in Sonderausstellungen gezeigt werden. Damit steht Potsdam weit hinter Städten wie Rostock, Leipzig, Darmstadt oder Dresden zurück, die ihre Sammlungen in jeweils eigenen Häusern oder Abteilungen der Öffentlichkeit dauerhaft präsentieren.“ – Dr. Jutta Götzmann und Markus Wicke
Erst mit der Neuaufstellung des Potsdam Museums als Forum für Kunst und Geschichte am Alten Markt wurde die deponierte Kunstsammlung des Museums systematisch aufgearbeitet, erweitert und in Sonderausstellungen präsentiert. Neben Einzelausstellungen Potsdamer Künstlerinnen und Künstler wie Siegward Sprotte, Walter Bullert, Armando oder Monika Schulz-Fieguth ziehen vor allem auch thematisch orientierte Gruppenausstellungen wie „Stadt-Bild / Kunst-Raum“ oder „Die wilden 80er in der deutsch-deutschen Malerei“ viele kunstinteressierte Besucher in das Museum. Da in diesen Ausstellungen künstlerische Positionen aus Potsdam mit Werken überregionaler Herkunft in einen Dialog gebracht wurden, gelang es nicht nur, die Potsdamer Künstlerinnen und Künstler aufzuwerten – es führte auch zu weiteren Schenkungen, Leihgaben und Ankäufen von Werken lokaler und überregional bedeutender Künstler wie Peter Rohn, Barbara und Karl Raetsch, Stephan Velten, Bernhard Heisig, Strawalde, Harald Metzkes, Christoph Bouet, Emma Stibbon, Stefan Pietryga und Squaw Hildegard Rose. Große Grafikserien erreichten das Potsdam Museum über Ankäufe und Schenkungen von mehreren Sammlern und Künstlern. Hierzu zählen Konvolute von Alfred Schmidt und Gertrude Sandmann.
Bedauerlicherweise können diese und andere Schlüsselwerke der städtischen Kunstsammlungen bisher aus Platzgründen immer nur temporär in Sonderausstellungen gezeigt werden. Damit steht Potsdam weit hinter Städten wie Rostock, Leipzig, Darmstadt oder Dresden zurück, die ihre Sammlungen in jeweils eigenen Häusern oder Abteilungen der Öffentlichkeit dauerhaft präsentieren. Die jetzigen Planungen richten sich in Potsdam daher auf eine räumliche Erweiterung des bestehenden Museumsbaus, für die eine Machbarkeitsstudie die mögliche Realisierung darlegen müsste. Gerade in Zeiten stärkerer internationaler Ausrichtung ist das städtische Selbstbekenntnis zur Kultur wichtiger denn je. Wünschenswert wäre die Sammlung zur bildenden Kunst konstant in einem halbjährlich bis jährlich wechselnden Rhythmus zu präsentieren.
Eine zweite Fläche würde sich für zeitgenössische Positionen anbieten. Die aktuelle Künstlerszene bildet sich innerhalb der Stadt nur unzureichend ab, auch das Prozesshafte in der künstlerischen Arbeit, u.a. in Form von Wettbewerben bedarf einer Ausstellungsfläche im Stadtraum. Es ließen sich auch konkrete Orts-, d.h. Potsdam-bezogene Fragestellungen entwickeln. Sinnvoll wäre dieser Ort u.a. auch für die Auslobung und Präsentation eines neu einzurichtenden Potsdamer Kunstpreises. Hier wäre der Fokus regional, bei den vorherigen Nutzungsvarianten durchaus auch in der Verbindung von lokal und überregional, beispielsweise in der Verbindung von Potsdamer Künstlerinnen und Künstler mit der Metropolregion Berlin-Brandenburg.
Um die Ideen für einen Kunststandort voran zu bringen, hoffen wir in den nächsten Monaten auf die Unterstützung der Potsdamer Bürgerinnen und Bürger und der Stadtpolitik, aber auch auf die Bereitschaft von Privatpersonen und Unternehmen, so ein großes Vorhaben finanziell zu unterstützen.
Freuen Sie sich in den kommenden Ausgaben auf die Vorstellung zahlreicher Künstler und ihrer Werke!
Stephan Velten – Zwischen Figuration und Abstraktion
Das Potsdam Museum hat einen umfangreichen Sammlungsbestand zur Gegenwartskunst. Die aktuelle Serie im Top-Magazin dient der exemplarischen Vorstellung von Künstlerinnen und Künstlern, die mit zahleichen Gemälden, Aquarellen, Zeichnungen, Fotografien oder Arbeiten in Mischtechnik im Museumsbestand vertreten sind.
Den Auftakt macht der gebürtige Potsdamer Künstler Stephan Velten (geb. 1954), der erste wertvolle Anregungen über den Mal- und Zeichenzirkel von Hubert Globisch erhielt. Velten absolvierte sein Studium der Malerei an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee bei Harald Hakenbeck und Werner Stötzer. Als freischaffender Künstler hat er in den 1980er Jahren die Zeit eines politischen Systems erlebt, das den Kunstbetrieb nicht mehr wie in den Jahrzehnten zuvor reglementieren konnte. Auch Velten wehrte sich gegen Normierung und verordnete Themen und suchte gezielt Orte auf, die Kontakt und Austausch mit Gleichgesinnten ermöglichten. Neben Theater, Klub- und Kulturhäusern zählten auch das Café Heider und das damalige Café Seerose zu Orten, die vom Künstler frequentiert und motivisch umgesetzt wurden. Unter dem Titel „Spiegelstück (Café)“ schuf Stephan Velten eine Interieurszene des Café Seerose in der Neustädter Havelbucht."
Interessant ist Veltens Vorgehensweise, denn er setzt die gewonnenen visuellen Eindrücke in seinem Atelier experimentell um. Mit teilweise verschlossen Augen bannt er die Caféhausszene in rot-gelber Farbigkeit auf die Leinwand und erzielt den beabsichtigten Verfremdungseffekt. Erworben wurde das mittelgroße Ölbild für die Sammlung der Galerie Sozialistische Kunst, die als Abteilung der Gegenwartskunst am Potsdamer Bezirksmuseum geführt wurde. Der Ankauf erfolge im Juni 1989, vier Monate vor dem Mauerfall. Veltens künstlerischer Lebensweg führte auch nach 1989 stringent weiter: national und international. Sein Themenspektrum reicht von Trojanischen Pferden und Maskierten, über global people bis zu der spektakulären Serie seiner Weißbilder, die eine Figuration nur noch erahnen lassen. Etliche Werke Veltens gelangten auch in den letzten Jahren ins Museum, unter dem Titel „Café Rosa“ ein weiteres wichtiges Caféhaus-Bild. Der Potsdamer Kunstverein übergab es nach einer Spendenaktion 2018 der Museumssammlung.
Peter Rohn – dem Kolorit verpflichtet
Die Stationen seines Malereistudiums geben viel preis über den gebürtige Dresdener Künstler Peter Rohn (*1934). Nach zweijährigem Studium an der TH Dresden wechselte er 1953 an die Hochschule für Grafik und Buchdruck nach Leipzig, wo Bernhard Heisig ein Jahr später Dozent wurde.
Heisigs Frühphase war durch die Grafik – vornehmlich Lithographie und Zeichnung – bestimmt und entsprach weniger Rohns Vorliebe für die Malerei. 1956 orientierte er sich daher erneut nach Dresden, um sich unter Rudolf Bergander ganz dem Kolorit zu widmen."
Die Studienjahre waren prägend für Peter Rohn, die Intensität der Farbe, die genaue Beobachtung sowie eine gewisse Kühnheit in der Wahl seiner Bildthemen behielt der Künstler in den Folge- Jahrzehnten bei. Der „weiße Trabant“ zählt ebenso zu seinen ungewöhnlichen Stadtsujets wie „Rauchender Müllcontainer“ von 1975. Rohn, der Potsdam zu seinem Arbeits- und Lebensmittelpunkt gemacht hatte, experimentiert mit dem Motiv des städtischen Nachtbildes. Beide Kompositionen taucht er in eine intensive blau-grüne Farbigkeit und setzt die Beleuchtung effektvoll ein: der Trabant am Straßenrand wird von Mondlicht hell beschienen, der „Rauchende Müllcontainer“ ist im gelben Lichtkegel einer Straßenlaterne erkennbar. Fast gespenstisch zeichnen sich Stamm und Geäst der benachbarten Bäume vor dem dunklen Nachthimmel ab. Im Unterschied zum Erwerb von Veltens „Spiegelstück“ erfolgte der Ankauf nicht über den eigenen Museumsetat, sondern über den Etat des Rats des Bezirks Potsdam. So erklärt sich auch die Mitteilung vom Rat des Bezirks vom 17. Dezember 1976, in dem der Ankauf aus dem Atelier Rohn nur unter Umbenennung des Titels bestätigt wird. Der „Rauchende Müllcontainer“ entsprach inhaltlich und motivisch nicht der Kunstpolitik des Bezirks und so konnte das Gemälde Rohns nur unter der Titeländerung in „Gelblicht an der Straßenkreuzung“ für die Potsdamer Galerie der sozialistischen Gegenwartskunst erworben werden. Viele Themen und Bildsujets entsprangen auch in den letzten zwei Dekaden der scharfen Beobachtung seines städtischen Umfelds. Der Gegenständlichkeit und der ironischen Narrative ist Rohn bis heute treu geblieben.