Kurz und bündig nennen die Einwohner ihre Stadt am Westufer der Oder „Hütte“. 1950 entstand Eisenhüttenstadt als Planstadt am Reißbrett und wurde nur 40 Jahre später unter Denkmalschutz gestellt. Um Historisches, Gegenwärtiges und Zukünftiges ging es am 22. April: Der östlichste Standort des Sachverständigen Zentrums Berlin-Brandenburg feierte 25. Geburtstag und gleichzeitig rollten betagte automobile Schönheiten zum 7. Oldtimer-Treffen auf den Hof der KÜS Kfz-Prüfstelle in der Fährstraße.
Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter begann der Tag früh, denn Automobile, Bau- und Landwirtschaftsmaschinen sowie andere Nutzfahrzeuge sollten schließlich so geordnet Aufstellung nehmen, dass alle Gäste die reifen herausgeputzten Schönheiten von allen Seiten bewundern konnten – stets ein Augenschmaus und ein beliebtes Fotomotiv. Kurz vor der Eröffnung standen 350 Fahrzeuge, darunter viele Young- und Oldtimer der Marken Trabant und Wartburg, in Reih‘ und Glied. Es wurde ein großartiger Tag, der die Erwartungen des Teams bei weitem überstieg. Zu den 130 geladenen Gästen – vor allem langjährige Geschäftspartner und Freunde des Unternehmens – kamen 800 Besucher. „Vor 25 Jahren hätte ich diesen regen Zuspruch als schönen Traum verbucht“, resümiert Mike Ziesemer, der gemeinsam mit Christian Wolter das Sachverständigen-Unternehmen, das in Berlin und Brandenburg an sieben Standorten arbeitet, leitet. Beide Männer, die die Leidenschaft zu allen Arten von Fahrzeugen und die tiefe Zuneigung zu Oldtimern verbindet, erinnerten sich an diesem Tag intensiv an ihre ersten Besuche in Eisenhüttenstadt vor einem guten Vierteljahrhundert: an eine alte Baracke und den unausgesprochenen Satz, ob die Wahl dieses Standortes wirklich eine gute Entscheidung war … Die beiden Ingenieure wussten aber auch, dass Aufgeben die schlechteste aller Entscheidungen ist, und zeigten, dass sie die Bauanleitung für Erfolg verstanden hatten: Wissen, Fleiß, Hartnäckigkeit, Erfahrung und „nicht zu vergessen, hervorragende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, weiß Mike Ziesemer, der von Beginn an für das Werden und Wachsen des Eisenhüttenstädter Standorts verantwortlich ist. Gezählt hat er die Touren zwischen seinem Stammsitz in Falkensee und der Stadt im Osten nie. Inzwischen sind es weniger, denn „auf unsere Standort-Verantwortlichen können wir uns rundum verlassen.“
Falkensee – Bremen – Falkensee
Eine gute Entscheidung, denn in Falkensee hat Mike Ziesemer mehr als nur genug zu tun. Der 58-Jährige wurde in der Stadt, die nach der Wende enorm boomte, geboren und wuchs hier auf. Autos haben den Falkenseer schon im Buddelkasten-Alter interessiert. Nach dem Abitur absolvierte er – und das war damals im Osten wie ein Fünfer im Lotto mit Zusatzzahl – erfolgreich eine Ausbildung zum Kfz-Mechaniker. Dem schloss sich ein Studium der Kraftfahrzeug-Technik an der renommierten Technischen Hochschule in Zwickau an. Das Diplom in der Tasche, der Traumjob greifbar und der Enthusiasmus groß, machte die Wende einen Strich durch Zukunftspläne. Was tun? „Ambitionen, in einen Konzern zu gehen, hatte ich nicht“, erinnert sich Mike Ziesemer. Die Eröffnung eines eigenen Autohandels gemeinsam mit einem engen Freund war Notlösung, die gut funktionierte, aber keine wirkliche Entwicklungsperspektive bot. Durch dienstliche und familiäre Beziehungen lernte er einen Kfz-Sachverständigen in Bremen kennen, der den jungen Ingenieur aus dem Osten nach Bremen holte und unter seine Fittiche nahm. Ein gutes Jahr Bremen. Arbeiten und lernen. „Natürlich hätte ich bleiben können, die Perspektive war gesichert“, erzählt Mike Ziesemer. Er ging zurück. „Ich habe später oft überlegt, warum. Eine schlüssige Antwort auf diese Frage habe ich nicht gefunden. Es war wohl eine Bauchentscheidung für die Wurzeln und die Freunde.“ Zurück in Falkensee, wagte Mike Ziesemer 1991 den Schritt in die Selbstständigkeit. „Im November 91 schrieb ich in meinem alten Kinderzimmer im Elternhaus das erstes Gutachten“, erinnert sich der Ingenieur. Das kleine Pflänzchen begann zu wachsen, wurde groß und stark: das erste eigene Büro, die erste Sekretärin (die 30 Jahre blieb), eine weitere Qualifizierung zum Ein Augenschmaus: Eine Oldtimer-Feuerwehr made in U.S.A. Mike Ziesemer vor einer historischen Ape am Standort Falkensee Foto: Brigitte Menge Mobilität Sommer 2023 · top magazin 119 Prüf-Ingenieur. Mitte der 1990er Jahre begann die Partnerschaft mit Christian Wolter, der 1994 sein Sachverständigen- Unternehmen gegründet hatte. Gemeinsam bauten sie neue Filialen in Eisenhüttenstadt und Brandenburg an der Havel auf. Alle sieben Standorte bieten Dienstleistungen rund um Auto, Motorrad und Nutzfahrzeug, so HU inklusive AU, Sicherheitsprüfungen, Ein- und Anbauabnahmen, Prüfungen von Gasanlagen, für Fahrtenschreiber und Kontrollgeräte, dazu Unfallschaden- und Mängelgutachten sowie Beweissicherungen und vieles mehr. Leistungen, die Privatpersonen genauso benötigen und schätzen wie Autowerkstätten und Versicherungen.
„Mit Sympathie und Sachverstand“
Unter dem Slogan „Mit Sympathie und Sachverstand“ arbeiten 130 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – davon 35 Prüfingenieure – im sachverständigen Unternehmen, das gerade mit der Umwandlung in eine GmbH & Co. KG die Weichen für die Zukunft stellt. Immer wieder neue technische Lösungen und knifflige Herausforderungen sind Alltag. „Bei uns gibt es schnelle Entscheidungen, und wir sind nah am Kunden“, erklärt Mike Ziesemer zwei der Gründe für den Erfolg und die Weiterentwicklung aller sieben Standorte. Zwischen Mitte April und Mitte Juli ist an allen Standorten der Arbeitsanfall besonders hoch. Ingenieur Ziesemer erklärt das mit der auf die Zulassungskurve und dem nahenden Ferienbeginn, Stichwort Wohn- und Hobbymobile. Doch in Eisenhüttenstadt wurde vor diesen heißen Arbeitswochen erst einmal bei bestem Frühsommerwetter kräftig gefeiert. Die fleißigen Helfer von der Freiwilligen Feuerwehr Kieselwitz löschten den Durst und stillten den Hunger der Gäste. Ein blitzblank geputzter historischer Bus aus den 50ern startete mit den Gästen der Veranstaltung zu Stadtrundfahrten in Eisenhüttenstadt. Dicht umlagert die Old- und Youngtimer sowie insbesondere eine historische Feuerwehr, die aus den USA via Falkensee nach Eisenhüttenstadt kam. Jeder der Oldtimer, der an diesem Tag auf dem Gelände des Sachverständigen Zentrums Eisenhüttenstadt rollte, bekam eine extra gestaltete Plakette. Und natürlich fehlten auch die „Benzingespräche“ nicht, wenn Oldtimer-Verehrer erst mal über Technik und Touren ins Reden kommen … Höhepunkt war dann der Auftritt der Band Treibholz.